Notgedrungenes Vorwort

Unschätzbar ist, was niemals wiederkehrt

 

Doch wenn „unschätzbar“ gleich „kostbar“ gesetzt wird, möchte ich dem nicht mit leuchtenden Augen in jeder Hinsicht zustimmen, sondern zu bedenken geben, dass die Vergangenheit meist nur durch das Vergessen oder Verdrängen des Negativen nachträglich geadelt wird.



Mit Verlaub: Das bin ich nicht!

Information von URLSPION vom 08. Januar 2013:

 

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Leicht verdauliche Einleitung

 

Notgedrungenes Vorwort

Dies ist der waghalsige Versuch, mir mit meiner Selbstkritik die geschulten Kritiker einer Kulturnation vom Leibe zu halten.

Soll ich eigentlich zu den Schilderungen meines „Lust- und Leidensweges“ noch ein Vorwort verfassen? Ja, ich muss! Warum? - Memoiren sind nach der vorherrschenden Volksmeinung nur angebracht, wenn sie von einer berühmten, zumindest öffentlich bekannten Person stammen. Aber ich war in meinem langen Leben weder Künstler noch Politiker oder Skandalnudel, sondern stinknormal. Was also treibt  mich zu diesem literarischen Abenteuer?

Wir, die jetzt Endachtziger, haben eine der interessantesten Zeiten durchlebt, die man sich denken kann; Zeiten mit einer Vielzahl von Stilbrüchen, falschen Marschrichtungen und abrupten Kehrtwendungen. Dies alles musste geschluckt und innerlich verdaut werden. Wer meine Lebenserinnerungen ohne Voreingenommenheit liest und auch zwischen die Zeilen schielt, wird bemerken, dass mein persönliches Leben nur dazu herhalten muss, den heutigen Zeitgenossen zu schildern, wie das Heranreifen eines heute zu den Gruftis zählenden, aber immer noch optimistisch lebenden Deutschen, in der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit  in einem speziellen, aus den vielen denkbaren Schicksalen blindlings herausgegriffenen Falle, abgelaufen ist. Ein fürwahr spannendes Unterfangen! Meine holprige Art des Erzählens kann natürlich nicht der Kritik eines Literaturpapstes standhalten. Aber ich denke, dass holprige Wahrheiten denselben Stellenwert haben, wie gekonnt vorgetragene „erfundene Wirklichkeiten“ und bewusste Geschichtsfälschungen.

 

Zudem liegt mir am Herzen, unter anderem das Dorfleben jener Zeit zu schildern, in der man gezwungen war, ein Leben oberhalb der Armutsgrenze durch ermüdend lange Arbeitstage unter Einspannung der ganzen Familie, einschließlich Kinder und Großeltern, zu erkaufen. Hierdurch wird sichtbar, dass die im Trend der heutigen Zeit liegenden Schilderungen vom „Leben der armen Landfrauen“ nur ein Drittel der Wahrheit sind. 

Hier und da wird man beim Lesen auf Gedanken stoßen, die nicht von mir persönlich stammen, sondern beim Lesen von Büchern aus diesen heraus in mein Gedächtnis transferiert wurden und sich dort bleibend eingenistet haben. Die Autoren jener (Fach-)Bücher würden natürlich diese Gedanken viel kompetenter und umfassender darlegen können. Aber, sie würden dann, weil sich diese Bücher nur einem sehr begrenzten Leserkreis aufschließen, dem Leser dieses Berichtes hier für immer verschlossen bleiben. Und das wäre sehr, sehr schade!

 

Bei alledem ist nicht zu verhindern, dass nur meine höchst persönlichen leid- und lustvollen Erlebnisse, Erfahrungen und Reaktionen im Rahmen der in meiner Jugend zunächst vorherrschenden eigenen Begeisterung und dann von der Partei permanent aber erfolglos  versuchten weltanschaulichen Beeinflussung und seelischen Verbiegung immer wieder „durchscheinen“, die ja nur ein kleiner Ausschnitt aus der Vielzahl der Erfahrungen meiner Generation in dieser Zeit sein können. Jeder machte seine persönlichen Erfahrungen. Dies muss man berücksichtigen.

 

Auch die sich aus dem seelischen Erleiden des inneren Zwiespalts entwickelte Grundeinstellung für das spätere Leben ist lediglich meine persönliche. So, wie zum Beispiel eine Anna Seghers, mit der ich mich selbstverständlich nicht messen kann und will, aus der idealistischen intellektuellen Zeit des Frühkommunismus heraus ihre Grundeinstellung für ein ganzes Leben bezog und diese bei der späteren Ära des Missbrauchs der kommunistischen Idee als Träger der Macht für pure Machtmenschen, wenn auch mit viel innerem Zwiespalt, schmerzhaft beibehielt, so hat sich auch bei mir unbewusst ein lebenslanges Beibehalten der in der Jugend entstandenen, durch Widerspruch geformten Grundeinstellung ergeben. Andere Deutsche meiner Generation haben mit Sicherheit andere Erfahrungen gemacht und diese dann auch anders verarbeitet.

 

Dessen eingedenk wird der Leser aber feststellen, dass meinen Schilderungen, wenn auch schwach, eine Tendenz zugrunde liegt: Das Zurechtrücken von einigen unbewussten oder gewollten Geschichtsfälschungen, mit denen Unsereiner in die Nähe der Verantwortlichen für die „Untaten“ des Dritten Reiches brutal geschoben wird. Von dem zu verkraftenden permanenten Aufreißen alter Wunden abgesehen, führen derart schiefe Schilderungen zu falschen Schlüssen bei den jüngeren, nachrückenden Generationen. Bei gewissen Ausgrenzungs-tendenzen fühle ich, der im Grenzland der Eifel Heran-gewachsene, mich geistig wieder als an Deutschlands Rande stehend.

 

 



Mit anderen Worten: Ich muss mir einiges von der Seele schreiben! Doch auch hierbei versuche ich, mein Denken und Erinnern so unter Kontrolle zu halten, dass ich innerhalb der mir gegebenen Möglichkeiten objektiv bleibe. Wenn ich allerdings in meinen Schilderungen den mit anderen Einstellungen und Empfindungen ausgestatteten Mitmenschen mit einer schulterklopfenden plumpen Vertrautheit begegnen würde, so wäre dies ebenso unaufrichtig, wie eine eisige Ablehnung Andersdenkender selbstgerecht und anmaßend wäre.

 

Hoffentlich gelingt es mir, mit Anstand den goldenen Mittelweg zu beschreiten!

 

 



Die Eifel,

ein Land an Deutschlands Rande



Aus Erdengrund mit Urgewalt,     Doch dein Geschick: An Deutschlands

                                                Rand,

Vulkane prägten die Gestalt,       wirst dann, mein armes Eifelland,

in Tausenden von Jahren.           zum Ort für Dauerstreite.

 

Darunter Schiefer, Bims und Trass,   Jahrhunderte von Leid und Tod,

Basalte, Tuff im Übermaß,               zerstörten Orten, Hungersnot

mit Lavakuppen, Maaren.                und Fliehen in die Weite.

 

Das Wasser formte das Gestein,       Selbst jüngere Vergangenheit,

grub schmale, tiefe Täler ein,           brachte dir erneuten Streit

wo Eltz und Kyll heut fließen.            und Kampf, den ich erlebte.

 

Und Menschen zogen dann bergan ,   Ob Hürtgenwald, ob Langerweh‘

von Kelten- und Germanenstamm,      im Tale und auf Bergeshöh‘,

die sich hier niederließen.                 ob Kampf in der Schnee-Eifel:

 

Mit Bergbau, Wasser-, Feldkultur       Und wieder mussten Menschen

                                                      flieh’n,

erschienen Römer auf der Flur,          von Dörfern weg nach Osten

                                                      zieh’n,

verzichteten auf Beute.                    die Seele voller Zweifel.

 

Selbst Franken machten wieder gut,   Was hat man dir nur zugefügt?

was sie zerstört im Übermut              als ob nicht harter Stein genügt,

und wurden brave Leute.                  das Leben zu verleiden.

 

                            Doch heut‘ hat sich das Blatt gewandt:

                            Voll Frieden ist das Eifelland.

                            Erlebet es mit Freuden!



Historie und erlebte Geschichte(n)



                           Reifferscheid in der Eifel (Oberdorf mit Burg)



Liebe Leser,

 

Wer heutzutage die Eifel besucht oder auf seinem Weg nach Frankreich, Belgien oder Luxemburg durchquert, wird feststellen, dass die Ortschaften dieses Berglandes mittlerweile aus ihrem jahrhundertelangen Dornröschenschlaf erwacht sind. Es tut sich was: Die Häuser wurden renoviert, die Straßenlaternen modernisiert und die Dorfstraßen in einen guten Zustand versetzt. Die Leute, die einem begegnen, grüßen freundlich und sind in der Regel gut gekleidet. Das war nicht immer so!

                Da ich persönlich in der Eifel geboren und aufgewachsen bin, erlaube ich mir einen historischen Rückblick auf die Zeit, die der Eifel über Jahrhunderte Not, Elend und dadurch eine große Rückständigkeit gegenüber anderen deutschen Gauen brachte und die Schilderung der jüngeren Vergangenheit der Eifel an Hand eigener Erlebnisse.

                        Für die heutige junge Generation dürfte diese Schilderung insofern interessant sein, als sie erfährt, dass auch wir damals trotz widriger Umstände eine nicht ganz freudlose Kindheit und Jugend verlebt hatten und dass diese Zeit für uns voller interessanter Ereignisse war. Und sie wird eher verstehen, wie schwer es war, sich der damaligen Beeinflussung durch die Nationalsozialisten zu entziehen. Wir alle waren zunächst von den Erfolgen der deutschen Wehrmacht hellauf begeistert, die bei ihrem gewaltigen Aufmarsch im Westen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges gerade uns Eifeler Jungen ihre Modernität und scheinbare Unbesiegbarkeit vor Augen führte. Dass wir den Einbruch derart interessanter Ereignisse in unseren tristen Dorfalltag freudig erlebten, wird auch heute noch jeder verstehen.

                        Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der Geschichte, dass die Eifel nicht nur Zeuge des Beginns eines siegreichen Feldzuges des deutschen Westheeres, sondern auch Austragungsort der letzten verzweifelten Abwehrkämpfe einer geschlagenen Wehrmacht wurde.

            Doch, wie überall in Deutschland und Europa, so begann auch in der so oft geschundenen Eifel nach Kriegsende ein neuer hoffnungsfroher Frühling.

                 Wochenendhäuser, Hotels und Feriengäste bekunden heute eine zunehmende Beliebtheit dieser Region an Deutschland Grenze. Sie ist ein Land des Überganges, der geologischen Besonderheiten und des lieblichen Dreiklanges von Feld, Wald und Wiese. Es ist der weite Blick von den Eifelhöhen, der mich immer wieder begeistert. Dieser Blick ließ mich jetzt zurückschauen bis in die eigene Kindheit und Jugend. Und das kam dabei heraus:

„Ein Leben  an Deutschlands Rande“.

 

Doch nicht schon wieder!

Zur Zeit verhindern einige Allzugrüne den Bau des noch fehlenden Zwischenstücks der Autobahn A1 auf der Grenze von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, mit dem Hinweis auf ein altehrwürdiges Jagdgebiet. Und so wird, wie in alter Zeit, wieder die wirtschaftliche Entwuicklung in diesem Teil der Eifel behindert.

 

 

Wir,

 

zwischen Ursprung und Ewigkeit,

 

Vergangenheit und Zukunft,

 

Altem und Neuem,

 

Tradition und Fortschritt,

 

Erlebtem und Erhofftem,

 

Wirklichkeit und Sehnsucht,

 

 

 

wir

 

halten das Heute

 

in unseren Händen,

 

 

 

Du – ich – wir alle.

 

 

 

Elvira Lückenbach, 1998